Einleitung
„Zickzack durchs Leben“ dieser Titel kam mir spontan in den Sinn, als ich über meinen Jahresrückblick 2024 nachdachte.
Ich mag das Wort „Zickzack“, es hat etwas spielerisches und das hat mich sofort angesprochen.
Zickzack ist eine „in scharfen Knicken (schnell) hin- und herlaufende Linie“ oder im übertragenen Sinn ein Verlauf, der in scharfen Knicken hin- und herläuft.
Ich mag auch den Klang des Wortes, ein bisschen knackig, ein bisschen dynamisch und die Bedeutung, die Verbindung zweier Seiten oder zweier (Stand-)punkte, das schnelle Hin und Her, fast wie ein Pinpong-Spiel.
Zickzack ist nicht gradlinig und auch nicht langweilig. Das gefällt mir, denn genau das ist das Leben. Es verläuft selten gradlinig sondern in Kurven und Umwegen und eben auch Zickzack – manchmal mehr, manchmal weniger.
Für mich war das Jahr 2024 voll solcher Bewegungen und vielleicht spiegelt der Titel genau diese Dynamik wieder.
Wortbedeutung und Ursprung
Mein Interesse an dem Wort Zickzack war geweckt und ich recherchierte nach der Herkunft.
Laut Wiktionary kommt es aus der französischen Soldatensprache des 18. Jahrhunderts und bezeichnete damals eine „in gebrochener Linie verlaufende Grabenführung“.
Wie so viele Redewendungen hat auch „Zickzack“ (leider) einen militärischen Hintergrund.
Das ließ mich innehalten. Susanne Kleiner hat mich letztes Jahr mit einem Instagram Beitrag darauf aufmerksam gemacht, dass wir, ohne es wirklich zu realisieren, sehr viele „kriegerische“ Wörter in unserer Alltagssprache benutzen. Ich habe mir daraufhin vorgenommen, mehr darauf zu achten und Alternativen zu finden.
Schade, dass auch dieses Wort ein solche Herkunft hat … und mir fällt kein anderer passender Ausdruck ein.
Vielleicht liegt das daran, dass ich 2024 oft das Gefühl hatte, „kämpfen“ zu müssen – mit Herausforderungen, mit Entscheidungen, manchmal sogar mit mir selbst. Oder liegt darin eine andere Wahrheit verborgen?
Die positive Konnotation von Zickzack
Zickzack hat aber nicht nur eine kämpferische Konnotation. Es erinnert mich auch an die Zickzack-Naht, die dazu dient, Stoffe zu stabilisieren, damit sie nicht ausfransen. Diese Verbindung gefällt mir: Vielleicht war 2024 auch ein Jahr, in dem ich versuchte, Verbindungen zu bewahren, Dinge zu festigen und loszulassen, was nicht mehr gehalten werden konnte.
Interessanterweise fliegen auch die meisten Schmetterlinge in Zickzacklinien.Schon 2022 haben mich diese faszinierenden Lebewesen begleitet. (siehe Jahresrückblicksblog 2022)
Kai Schütte, Kurator der Entomologie, schreibt im Hamburger Abendblatt: „Die Flugbahn von Schmetterlingen vorherzusehen ist fast unmöglich. Denn die meisten Arten fliegen nicht geradeaus, sondern eher im Zickzack. […] Um flugtüchtig zu sein, bräuchten Schmetterlinge nur ihre Vorderflügel. Alleine mit diesen könnten sie fliegen – und das auch im Zickzack.“
Das Zickzack ist also nicht nur ein Symbol für Chaos, sondern auch für Freiheit und Unvorhersehbarkeit – Eigenschaften, die ich in meinem Jahr 2024 oft gespürt habe.
Ich lade euch im Folgenden ein, mit mir durch meine Monate des Jahres 2024 zu gehen. Vielleicht zeigt sich, ob einer der Worthintergründe, etwas mit meinem Jahr 2024 zu tun hat, oder ob etwas ganz anderes zu Tage kommt.
Januar: Politik und Gesellschaft
Im Januar 2024 wurden durch die Correctiv Enthüllung das „Potsdamer Geheimtreffen“ von AFD Politikern und anderen rechten Politikern bekannt, bei dem es um den furchtbaren Begriff Remigration ging, also um Abschiebung von Asylbewerbern, Ausländern mit Bleiberecht und nicht assimilierten Staatsbürgern. Diese menschenverachtende Idee machte mir nicht nur Angst, sondern ließ mich spüren, dass ich etwas tun musste
Es war mir ein großes Bedürfnis Gesicht zu zeigen und meine Meinung zu vertreten.
In Aachen fanden zwei große Demonstrationen statt, bei denen ich gemeinsam mit vielen anderen auf die Straße ging. Trotz der beißenden Kälte waren wir Hunderte, die sich versammelten, um ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz zu setzen. Es war bewegend zu sehen, wie unterschiedlichste Menschen zusammenkamen – entschlossen, sich für Menschlichkeit und Vielfalt einzusetzen. Diese Momente haben mich bestärkt, dass Widerstand zählt und gehört wird.
Leider haben die Demos bisher nicht wirklich etwas verändert. Nicht nur in Deutschland sondern auch in vielen anderen Ländern, nimmt die Fremdenfeindlichkeit zu, die Angst und der Hass in der Gesellschaft wird größer und rechtsradikale Parteien stärker.
Ich hoffe auf 2025, dass die Gräben nicht tiefer werden, weder in Zickzacklinien noch in gerade Linien. Dafür werde ich weiter auf die Straße gehen.
Februar: persönliche Weiterentwicklung und Ende meiner Trainerausbildung
In meinem Jahresrückblick 2023 habe ich bereits über meine Arbeit mit meiner Deep Dive Gruppe in der Trainerausbildung bei Dana Schwandt geschrieben. Im Februar 2024 stand für mich eine große Herausforderung an: die abschließenden Bewertungen für die fünf wunderbaren Frauen aus meiner Gruppe zu schreiben.
Bewertungen schreiben – das ist keine einfache Aufgabe für mich.
Mein Verstand flüstert mir, dass ich nicht gut darin bin, andere zu bewerten. Vielleicht, weil ich Angst habe, über jemanden zu urteilen und mich damit ‚über‘ sie zu stellen. Oder vielleicht, weil ich befürchte, wie mein Feedback bei anderen ankommt – und was sie über mich denken könnten.
Doch genau diese Situationen sind Kern dessen, was wir bei Dana in der Coaching- und Trainerausbildung gelernt haben: Unsere inneren Mechanismen zu erkennen, sie zu hinterfragen und dadurch die Möglichkeit zu haben, neue Wege zu gehen,
Das Schreiben der Bewertungen war herausfordernd, aber auch eine wunderbare Gelegenheit für mein persönliches Wachstum
Der Abschluss der Feedbacks bedeutet aber auch das Ende der Ausbildung bei Dana. Zwei Jahre war ich sehr eng in ihrem Einflussfeld, habe gelernt, bin gewachsen und habe mich weiterentwickelt. Und jetzt?
Für mich war klar, dass ich jetzt auf eigenen Füßen stehen möchte und Zeit brauche, das was ich gelernt habe für mich umzusetzten und meinen eigenen, ganz persönlichen, unabhängigen Weg zu finden.
März: Austausch Familien
Der März ist mein Geburtstagsmonat und in diesem Jahr hatten wir Besuch von unsere amerikanischen Austauschfamilie aus Arlington, bei der mein mittlerweile 13jähriger Sohn und ich im Oktober 2023 zu Gast waren.
Die Woche war vollgepackt mit Unternehmungen. Wir wollten unserer Gastfamilie natürlich ein buntes und interessantes Programm bieten. Dabei wurde mir bewußt, dass sich dadurch ja nicht nur zeigt, was uns selbst wichtig ist, sondern auch wie wir uns darstellen wollen. Sehr spannend…
Auch sehr spannend fand ich es, die Unterschiede im Umgang mit Bekanntschaften, Freundschaft und Nähe in unterschiedlichen Familien und unterschiedlichen Kulturen zu beobachten.
Unsere Gastfamilie zeigte großes Engagement und sprach herzliche Einladungen aus und zeigte große Herzlichkeit – allerdings beschränkte sich all das auf den Zeitraum des Besuchs. Nach der Abreise brach der Kontakt sofort ab.
Das ließ mich innehalten. Hatte ich etwas falsch gemacht? War es mir nicht gelungen wirklich in die Tiefe zu gehen und wirklich Nähe aufzubauen? Und diese Fragen führten mich zu einem anderen Gedanken: War es wirklich mein Ziel Nähe aufzubauen? Ja unsere Gastfamilie war sehr nett und doch auch ganz anders als wir….War es vielleicht nur ein Ausdruck meines anerzogenen Anspruchs an Verbindlichkeit?
Ich erkannte, dass weder der Kontaktbruch noch die Verbindlichkeit ein Problem waren.
Denn tatsächlich war so viel oder zu viel Nähe auf beiden Seiten gar nicht erwünscht. Wir werden uns sicherlich alle an eine schöne gemeinsame Zeit erinnern. Und das ist so vollkommen in Ordnung.
April: Berufliche Weiterentwicklung und Pläne
Im April habe ich nach längerer Überlegung meinen Job als angestellte Architektin in einem Ingenieurbüro gekündigt. Warum?
Ich war 14 Jahre in diesem Büro und mir ging es dort prinzipiell sehr gut. Das Vertrauen meiner Vorgesetzten schenkte mir viele Freiräume und ich hatte die Möglichkeit mich beruflich weiterzuentwickeln. Ich hätte dort bequem die weiteren Jahre verbringen können.
Doch trotz aller Stabilität und Zufriedenheit war ein Gedanke auch sehr laut: War das schon alles?
Dieses Gefühl, dass da noch mehr auf mich wartete, liess mich nicht mehr los. Ich wollte mir Zeit nehmen einmal tief durch zu atmen und aus dem „Hamsterrad“ aussteigen.
Ich wollte die Chance nutzen mich mit meinem Yoga- und Coachingbusiness hauptberufliche selbstständig zu machen und ein Jahr lang ausprobieren, ob das meine Berufung ist.
….Und obwohl alles etwas anders kam, als ich es geplant hatte, bin ich unglaublich dankbar für diesen Schritt. Denn dadurch habe ich so vieles über mich selbst gelernt und bin mir selbst näher gekommen, als ich je für möglich gehalten hätte.
Mai: YES!CON Berlin
Im Mai führte mich eine ganz besondere Veranstaltung nach Berlin: die YES!CON – eine Krebs-Convention, die sich für Offenheit, Austausch und Mut im Umgang mit Krebs einsetzt.
Der Begriff ‚Convention‘ klang in meinen Ohren zunächst ungewohnt, fast fehl am Platz – eher etwas, das ich aus dem Fitness- und Aerobicbereich kenne. Doch erkannte ich schnell, dass diese Bezeichnung auch für die YES!CON passt: ein Ort der Zusammenkunft, des Austauschs und der Inspiration.
Für mich war es eine eine sehr persönliche Angelegenheit, daran teilzunehmen, da ich 2021 selbst die Diagnose Darmkrebs erhielt. Hier ein Auszug aus meiner Geschichte.
Auch wenn glücklicherweise bisher alles sehr gut gelaufen ist, hat mich diese Diagnose natürlich nachhaltig geprägt. Mir ist klar geworden, dass Krebs jederzeit jeden treffen kann. Krebs gehört zu unserer Gesellschaft und unserem Leben dazu. Und es ist so wichtig, das an die Öffentlichkeit zu bringen. Niemand sollte sich schämen an Krebs zu erkranken, denn Betroffene sind keine Außenseiter sondern ein (großer) Teil unserer Gesellschaft.
Am Abend vor der YES!CON war ich auf der WG-Party meines ältesten Sohnes in Berlin. Als mich seine Freunde fragten, was mich nach Berlin führte, antwortete ich ehrlich: ‚Ich besuche die YES!CON.‘ Doch ich spürte ein seltsames Zögern, suchte nach Erklärungen und fast schon Entschuldigungen. ‚Das Thema Krebs ist ja irgendwie ein Partykiller,‘ sagte ich schließlich – und die anderen stimmten mir zu.
Die YES!CON hat mich tief beeindruckt. Sie ist ein Ort, an dem Betroffene, Angehörige und Fachleute zusammenkommen, um zu lernen, zu feiern und sich gegenseitig Mut zu machen. Ich traf inspirierende Menschen, die trotz ‚Chemo Brain‘, wie sie es selbst nannten, lachen, tanzen und das Leben feiern konnten.
Deswegen: Lasst uns die Krankheit nicht totschweigen oder verdrängen, sondern ihre Herausforderungen anerkennen und Erfolge und Weiterentwicklungen feiern. Nur so können wir sie enttabuisieren und den Betroffenen die Würde und Anerkennung geben, die sie verdienen.
Nicht die Krankheit ist der Partykiller, sondern das Totschweigen.
Juni: Verarbeitung einer persönlichen Enttäuschung
Ich hatte den Plan mit einer Kollegin einen virtuellen Raum für Coaches aufzubauen. Aus (persönlichen?) Gründen hat sie nach ein paar Wochen und einem gemeinsamen erfolgreichen Webinar dieses Projekt für beendet erklärt.
Dass eine Zusammenarbeit endet, kann passieren. Was mich jedoch tief getroffen hat, war ihr völliger Kontaktabbruch und ihre Entscheidung, das Projekt unter dem gleichen Namen ohne mich weiterzuführen – entgegen meiner Bitte.
Diese Erfahrung stellte für mich vieles infrage, was ich in unserer Coaching-Bubble für selbstverständlich hielt: Vertrauen, Offenheit und den sicheren Rahmen, den wir uns immer wieder gegenseitig versprochen hatten.
Aber: Das Leben lässt sich nicht kontrollieren.
Vielleicht musste ich diese Erfahrung machen, um mir das noch mal bewußt zu machen.
Natürlich ist es auch schade, dass wir nicht im Dialog geblieben sind und das Lernpotenzial, das in dieser Situation steckt nicht nutzen konnten. Aber es sollte wohl so und nicht anders sein.
Früher hätte ich meine Enttäuschung heruntergespielt, vielleicht sogar gesagt: ‚Die Klügere gibt nach.‘ Doch dieses Mal habe ich mich entschieden, mich mit meinen Gefühlen und Ängsten zu zeigen – auch wenn das bedeutete, nicht souverän, sondern verletzlich dazustehen.
Es war nicht einfach, meine Angst an die Hand zu nehmen und mich trotz Unsicherheit in unserer Gruppe zu zeigen. Doch es war unglaublich wertvoll. Ich habe gelernt, dass ich nicht immer souverän wirken oder alles im Griff haben muss. Menschlich zu sein ist genug.
Und Menschsein bedeutet auch manchmal holprige Versuche zu machen…
Und am Ende? Ich habe überlebt😅 und den sicheren Rahmen kann ich nur in mir selbst finden, den kann mir niemand geben.
Juli: Estland
Im Sommer führte mich eine Reise nach Estland, einem kleinen ruhigen und naturverbundenen Land und in dessen Hauptstadt Tallinn, eine kleine und beindruckende Stadt.
Ursprünglich hatten mein Mann und ich den Plan einen Roadtrip durch die baltischen Staaten zu machen, um unseren mittlerweile 13jährigen Sohn nach seinem Aufenthalt bei der Oma seines Freundes in Estland abzuholen. Das hat leider nicht geklappt, da meine Schwiegermutter im Krankenhaus war und wiederholt operiert werden musste.
Stattdessen flog ich mit meinem zweitältesten Sohn, der gerade seine Bachelorarbeit in München abgeschlossen hatte, nach Tallinn.
Dort wurde mir wiedermal bewußt, dass ich die Architektur doch nicht ganz aufgeben wollte. Zu sehr hat mich dieser Bereich in den letzten Jahren geprägt und auch begeistert.
Die Architektur in Tallinn ist sehr vielfältig. Es gibt den historische Altstadtkern, ein Weltkulturerbe, interessante städtische Wohngebiete mit traditionellen Mehrfamilien-Holzhäusern, Viertel mit umgenutzten Lagerhäusern, moderne Hochhausviertel und natürlich auch die Relikte aus der Sowjetzeit. Das alles fügt sich zu einem sehr lebendigen Teppich zusammen.
Ein Ort, der mich besonders beeindruckte, war die Linnahall. Das ist eine Stadion und Veranstaltungsgebäude aus der Sowjetzeit. Ein brutaler Betonbau direkt am Meer, der zum größten Teil unterirdisch angelegt ist. Das Gebäude steht leer und verfällt immer mehr.
Was tun mit dem Koloss?
Bei Sonnenuntergang wird die Dachfläche zum Treffpunkt, wo man sich entspannt und die Sonne im Meer verschwinden sieht. Es war ein faszinierender Kontrast: ein verfallenes Monument der Vergangenheit und zugleich ein lebendiger Ort der Begegnung.
Hinter dem Parkplatz am Hafen, versteckt in einem kleinen Wäldchen, entdeckten wir ein Saunahaus. Eine Nachbarschaftsinitiative hat es ins Leben gerufen und wir durften dort saunieren und sprangen danach in die erfrischende Ostsee. Es war ein magischer Moment der Verbindung von Gemeinschaft, Natur und Kultur und das mitten in der Stadt.
Nachdem wir ein paar Tage in Tallinn verbracht haben, haben wir meinen jüngsten Sohn im „ Bullerbü“ der Oma seines Freundes abgeholt und sind noch eine Woche lang gemeinsam durch Estland gereist. Viel Ruhe, viele einsame Strände, viele Saunen, viel Natur…
August: Bewerbung
Zurück in Aachen, stieß ich beim Durchstöbern von Stellenanzeigen für Architekten auf eine Ausschreibung, die mich gefesselt hat. Überraschenderweise war es eine Stelle bei der Stadt Aachen. Etwas, das ich nie als Ziel hatte und auch nicht für meine Berufung hielt.
Die Stelle: Sachbearbeiterin für Denkmalpflege und Energieeffizienz im Rahmen eines Forschungsprojektes AIX-Heat gefördert durch das BMWK, Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Das hörte sich aber nach einer sehr sinnvollen und spannenden Kombination an.
Denkmalpflege und Energieeffizienz – zwei Bereiche, die für mich sowohl beruflich als auch privat von großer Bedeutung sind. Ich habe viele Denkmalobjekte als Architektin betreut, lebe selbst in einem Denkmalhaus und bin Sachverständige für Wärme- und Schallschutz sowie Energieeffizienzexpertin.
Als ich die Ausschreibung las, hatte ich sofort das Gefühl: Das bin ja ich! Es war als hätte man die Stelle für mich ausgeschrieben.
So sollte es dann auch sein. Ich bewarb mich, wurde eingeladen und hatte 1 Stunde nach dem Gespräch die Zusage zum 1. Dezember.
September: Venedig und Corona
Im September freute ich mich auf einen besonderen Trip: Mit meinen beiden älteren Söhnen wollte ich zur Biennale nach Venedig fahren – ein Plan, der uns alle begeistert hat. Für mich war es nicht nur eine Reise, sondern auch eine Gelegenheit, gemeinsam mit meinen Jungs Kunst, Architektur und eine meiner Lieblingsstädte zu erleben.
Doch einen Tag vor der Abreise brachte mein positiver Coronatest unsere Pläne durcheinander.
2024 -keine Biennale- stattdessen Enttäuschung, das Gefühl einer verpassten Chance und ganz viel Gedankenchaos. Während die Jungs ohne mich fuhren, blieb ich zurück und kämpfte mit einer Mischung aus Frust und Resignation.
So frustrierend es auch war, wurde auch diese Situation für mich zu einem unfreiwilligen, aber wertvollen Lernfeld. Ich habe versucht, die widersprüchlichen Gefühle bewusst zuzulassen, statt sie zu verdrängen. Ich beobachtete, wie sie kamen und gingen, und entdeckte dabei viel über mich selbst: meinen Umgang mit Kontrolle, Erwartungen und dem Unvorhersehbaren
Trotzdem sch…😊
Oktober: Brüssel
Als kleinen Trost für die verpasste Venedigreise habe ich in den Herbstferien mit meinem jüngsten Sohn, seinem Freund und dessen Mutter, meiner Freundin, einen Kurztrip nach Brüssel unternommen. Zwei Tage, die zwar nicht Venedig, aber trotzdem eine wunderbare Abwechslung waren.
Es war unglaublich entspannt, weil wir alle die gleichen Interessen hatten und einfach harmonierten. Kein Stress, keine großen Pläne – einfach nur genießen. Brüssel ist perfekt für einen Kurztrip: vielfältig, charmant und mit dem Zug von Aachen in nur einer Stunde erreichbar. Ob die historischen Gebäude im Zentrum, die vielen kleinen Cafés, Flohmärkte oder das Atomium – die Stadt hat für jeden etwas zu bieten.
Für uns war es der perfekte kleine Tapetenwechsel, den ich jedem nur empfehlen kann.
November: Freundinnen Wochenende in den Ardennen
Nach einer Ayurveda-Detoxwoche diesmal nach Rezepten von Janna Scharfenberg fuhr ich im November mit sechs Freundinnen aus dem Studium in ein Haus in den Ardennen. Das versuchen wir jedes Jahr zu machen. 2023 war ich nicht dabei, da ich Corona hatte. Das hatte ich dieses Jahr ja zum Glück schon hinter mir🥴.
Wir hatten eine intensive Zeit mit viel tiefgehendem Austausch, gutem Essen (zum Glück hatte ich gerade den Detox hinter mir 😅) und Spaziergängen in der herbstlichen Landschaft der Ardennen.
Spannend fand ich es, dass auch in unserer Gruppe das Thema ‚Coaching‘ immer wieder auftauchte. Es scheint etwas zu sein, das viele Frauen in unserem Alter beschäftigt – vielleicht, weil wir an einem Punkt stehen, an dem persönliche Entwicklung und Veränderung besonders präsent sind.
Eine Aussage meiner Freundin blieb mir jedoch im Kopf. Spontan meinte sie: ‚Eine Anstellung bei der Stadt ist doch nichts für dich.‘ Erst als sie von dem Forschungsprojekt hörte, relativierte sie ihre Meinung. Trotzdem spürte ich, wie ihre Worte meine eigenen Ängste und Unsicherheiten spiegelten.
Aber ich weiß: wo die Angst ist, ist oft auch der Weg und… ich kann ja auch wieder gehen…
Dezember: neuer Job
Ich bin jetzt städtische Mitarbeiterin – und ja, das fühlt sich schon etwas komisch an.
Als der Mann einer Freundin scherzhaft meinte: ‚Jetzt wird Dagmar spießig,‘ musste ich lachen – und gleichzeitig innehalten. Spießigkeit war für mich immer der Inbegriff des Abgrunds, in den ich niemals abtauchen wollte. Aber: Keine Sorge, ich bleibe, wer ich bin – auch als städtische Mitarbeiterin. Und so verstaubt, wie man vielleicht annimmt, ist die Stadtverwaltung auch gar (nicht?) mehr.
Ich bin in ein einem sehr netten Team gelandet mit vielen Individualisten, ich glaub das passt ganz gut. Sehr gespannt bin ich darauf, die Interessante Thematik jetzt aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten. Vielleicht kann ich da etwas bewirken…?
Es ist nur eine halbe Stelle, die andere Hälfte werde ich mich natürlich weiterhin mit meinem Yoga und Coaching Business beschäftigen. Zudem ist die Stelle auf drei Jahre befristet. Mal sehen, was dann kommt….
Außerdem bin ich schon sehr lange beruflich zweigleisig unterwegs und ich glaube das ist etwas, das mich ausmacht und vielleicht soll es ja auch so sein und bleiben.
Ich bin gespannt, wie sich diese neue Aufgabe entwickelt – und wie ich beide Welten weiterhin miteinander verbinden kann.
Ende des Jahres
Das Ende des Jahres haben wir im Familienskiurlaub in Brixen im Thale verbracht. Das war sehr schön – und – mit unserer Patchworkfamilie auch sehr anstrengend. 😅
Eine Patchworkfamilie ist für mich der Inbegriff von Zickzack: voller Herausforderungen und unvorhersehbarer Momente. Sie lässt sich kaum kontrollieren, und manchmal habe ich das Gefühl, sie ist noch dynamischer als eine klassische Familie. Aber gerade das ist auch ein gutes Lernfeld für mich. Ich habe erkannt, dass ich nicht (alleine) für alles verantwortlich bin, dass ich nicht immer vermitteln muss – und vor allem, dass ich nichts kontrollieren kann und auch nicht muss!
Apropos Zickzack: Ich habe es tatsächlich geschafft, zweimal in einer Woche meine Skier zu vertauschen! Laut meiner Heilpraktiker-Ausbildung für Psychotherapie könnten das Symptome einer Belastungsstörung sein – oder vielleicht doch nur Brain Fog der Wechseljahre?
Zickzack den Berg herunter klappt ganz gut, aber Zickzack zwischen Skiverleih und Piste in Skischuhe hin und her zu laufen ist ganz schön anstrengend!
Das Jahr 2024 war tatsächlich wie ein Zickzackkurs: voller Höhen, Wendungen und Herausforderungen. Aber genau darin liegt für mich die Schönheit des Lebens – es ist nie gradlinig, sondern voller überraschender Wege.
Mein Motto für 2025
Meinen letzten Jahresrückblick habe ich „Vom Zweifel ins Vertrauen oder im Krebsgang voran“ genannt.
Der Krebsgang war vorsichtig, tastend und eher langsam – eine Metapher für einen behutsamen Weg. Zickzack dagegen ist schneller, dynamischer und voller Wendungen, aber auch anstrengender…
Aus dem Zweifel bin ich ausgestiegen, aber die Kontrolle kann ich noch lernen loszulassen. Der Versuch das Leben zu kontrollieren hat mir diese Jahr sicherlich einige Zickzack Linien mehr beschert als notwendig.
Zickzack….mir erscheint es nicht unbedingt kriegerisch…was meint ihr? Für mich steht es eher für Flexibilität, Bewegung und das Finden neuer Wege – auch wenn diese manchmal chaotisch erscheinen.
Vielleicht könnten meine Abläufe 2025 doch noch etwas runder und sanfter, vielleicht auch langsamer werden:
Raus aus der Kontrolle und rein in die Entspannung! Vielleicht brauche ich dann auch keine Zickzacknaht mehr, um die Fäden meines Lebens zusammenzuhalten. ☺️.
Danke
Ein ganz herzlicher Dank geht an Judith Peters, die mich Ende 2022 inspiriert und angeleitet hat, meinen ersten Jahresrückblick zu schreiben. Dieses Jahr habe ich ihn zum dritten Mal geschrieben und es wird nicht das letzte Mal gewesen sein!
Für mich ist das Schreiben eines Jahresrückblicks sehr wertvoll: Eine Zeit der Kontemplation, des Nachdenkens und des Ausrichten. Und – last not least – es macht mir so viele Spaß! 🙏