Meine Gedanke zum Älterwerden, Altsein und zur Lebensfreude
Inspiriert von Pia Hübinger und der von ihr ausgeschriebenen Blogparade, habe ich mal in mich herein gehorcht. Natürlich spricht mich das Thema Älterwerden an, da ich mit 56 Jahren sicherlich „betroffen“ bin. Im Folgenden ein paar Gedanken zu dem Thema.
Ich freue mich sehr über einen Austausch, ganz besonders, wenn Du etwas anders siehst, lass es mich gerne wissen!
Was beutet alt sein?
Alt zu sein ist ja irgendwie immer relativ und subjektiv. Für eine:n Jugendliche:n bin ich mit meinen 56 Jahren sicherlich schon ganz schön alt, für eine Rentner:in noch gar nicht.
Und dann kommt es auch darauf an, wie ich mich fühle. Ich erinnere mich noch gut daran, wie mein Vater mit damals etwa 75 Jahren (das ist aus meiner heutigen Sicht schon durchaus älter) nicht in eine Reha gehen wollte, weil dort nur alte Leuten seien. Er fühlte sich noch nicht so.
In unserer Gesellschaft ist „alt werden“ nicht erstrebenswert. Medien, Werbung und alles was uns sonst noch so alltäglich beeinflusst, „hypt“ die Jugend, das jugendliche Aussehen, den jugendlichen Lifestyle.
Soviel ich weiß ist das in manchen Kulturen anders. Allerdings bedeutet alt zu werden auf jeden Fall näher am Lebensende zu sein, für jeden Menschen in jeder Kultur.
Unsere Endlichkeit ist Schicksal und Lebensaufgabe von uns Menschen. Sie kann Angst machen und gleichzeitig ist es wahrscheinlich auch unser Motor, unser Antrieb etwas bewegen zu wollen, etwas erreichen zu wollen und aktiv zu werden.
Mein Vorbild fürs (noch) Älter werden
Hier die Geschichte einer alten Frau, die mich sehr beeindruckt hat:
Wir haben vor mittlerweile über 20 Jahren ein altes Haus gekauft. Im Erdgeschoss hat damals eine ältere Dame gewohnt. Sie war fast 90 Jahre alt. Da wir das Haus umfänglich umgebaut haben, war es mehrere Monate sehr laut und staubig.
Als ich mich dafür bei ihr mit einem Strauß Blumen entschuldigen wollte, sagte sie nur: „Ach, Frau Korte, ich habe zwei Weltkriege miterlebt, meinen Sie da hat es nicht gestaubt? Ich freue mich so, dass endlich Leben in der Bude ist und dass ich ihren Kinder zuschauen kann, wenn sie im Garten spielen.“
Sie hatte nicht nur zwei Kriege miterlebt, sondern auch ihr fünftes Kind im Kindbett verloren und lebte nach dem Tod ihres Mannes schon 20 Jahre alleine und hatte starke Osteoporose.
An einem Abend hörten wir sie mit ihrem Stock auf den Boden schlagen. Wir gingen herunter, sie war gestürzt und konnte aufgrund der Osteoporose nicht mehr allein aufstehen. Nachdem wir ihr geholfen hatten und sie im Sessel saß, das Blut lief ihr noch an der Schläfe herunter, schaute sie mich mit ihren unglaublich lebensfrohen, kugelrunden brauen Augen an, lächelte und sagt: „Ach, Frau Korte jetzt ist ja alles wieder in Ordnung.“
Dieses für sie so typische Lachen werde ich glaube ich nie vergesse. Es ist für mich der Inbegriff von Lebensfreude!
Mit 92 Jahren ist sie ins Krankenhaus gekommen und es wurde klar, dass sie aufgrund verschiedener Diagnosen nicht mehr alleine leben konnte.
Ihre Tochter erzählte mir noch, dass sie am Abend gelacht und gescherzt hatten, am nächsten Morgen ist sie dann nicht mehr aufgewacht. Ich denke, dass es ein bewußte Entscheidung von ihr war, zu gehen.
Sie war ein wirklich tolle alte Frau und ich freue mich sehr hier eine Gelegenheit zu haben, den kleinen Teil ihrer Geschichte zu erzählen, den ich miterleben durfte.
Meine Strategie fürs (noch) Älter werden
Ich habe keinen festen Plan. Wie soll ich auch jetzt wissen, was kommt, wenn ich (richtig) alt werde? Mir erscheint es nicht sinnvoll einen Plan dafür zu haben, wenn ich ja gar nicht weiß, welche Herausforderungen das Leben für mich noch bereit hält.
Wenn ich jetzt so über meine Planlosigkeit nachdenke, wird mir natürlich bewußt, dass es einige Lebenseinstellungen gibt, die mir helfen können meine Lebensfreude auch im Alter zu erhalten.
Im Moment leben
finde ich super wertvoll und ich schaffe es immer öfter….
Im Moment zu leben bedeutet für mich, das Leben erstmal so anzunehmen wie es ist und nicht das zu beweinen, was nicht mehr ist. Ich mag es gar nicht, wenn ältere Menschen (gehöre ich jetzt eigentlich dazu?) sagen, „früher war alles einfacher, besser, sinnvoller“.
Mit „Annehmen“, meine ich nicht Resignation oder Stillstand. Sondern eine Akzeptanz im Gegensatz zu Widerstand, also ein “ im Frieden sein“ . Wenn wir im Frieden mit dem sind was jetzt ist oder was war, können wir besonnen und bewußt Entscheidungen treffen und Veränderungen angehen.
Dann können wir uns weiterentwickeln und wachsen.
Sehnsucht nach Wachstum
Ich habe eine angeboren Sehnsucht nach Wachstum. Stillstand macht mich fertig. Insofern werde ich wohl immer (wie auch immer) in Bewegung bleiben, immer neue Dinge entdecken und Neues erfahren wollen, neugierig sein auf Alles was kommt.
Offenheit für alles Neue, Offenheit für neue Entwicklungen, Trends und Anschauungen ist für mich ein Schlüssel, um auch im Alter lebendig zu bleiben.
Nehmen wir jetzt zum Beispiel die KI: Die Auswirkungen, die die KI auf unsere Gesellschaft hat und haben wird ist sicherlich nicht zu unterschätzen und sollte kritisch betrachtet werden. Aber sich aus Angst davor zu verschließen, ist auch so gar nicht mein Weg. Damit käme ich mir wirklich alt vor.
Natürlich will ich wissen, wie das funktioniert. Ich bin viel zu neugierig, es nicht auszuprobieren und die Schnelligkeit und Umfänglichkeit ist schon super beindruckend. Warum es also nicht (mit Bedacht) nutzen? Ich werde jedenfalls auch diesen Text gleich mal der KI anbeiten. Einfach aus Neugierde, was sie daraus macht und vielleicht lerne ich dabei auch etwas dazu.
Alleinsein und Einsamkeit
Oft hört man, dass Alleinsam und Einsamkeit uns schneller altern lassen und schlecht für die Gesundheit ist. Ich persönlich sehe das nicht so.
Die Mutter meiner Schulfreundin lebt seit wahrscheinlich mittlerweile 50 Jahren alleine. Als Kind habe ich häufig gedacht, sie wäre richtig einsam. Mit der Zeit habe ich aber begriffen, dass sie sehr viel lieber alleine ist, als irgendwelche Kompromisse einzugehen. Sie ist jetzt über 90 und eine der zufriedensten älteren Frauen, die ich kenne. Sie erscheint mir überhaupt nicht mehr einsam.
Ob man sich allein einsam fühlt ist weniger eine Frage der äußeren Umstände, als vielmehr eine Frage der Einstellung, also der Geschichten, die wir uns über uns und unser Leben erzählen. Und diese Geschichten kann man verändern und aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Wenn ihr mehr dazu wissen wollt, schaut euch meinen Blogartikel „Meine Coaching Methode „ an.
Lebensfreude uns Lebendigkeit
Wir können uns gesund ernähren, Sport treiben, meditieren, uns in Dankbarkeit und Demut üben, trotzdem können wir nicht vollumfänglich beeinflussen ob wir krank werden oder ob wir in einer Beziehung leben oder nicht,
Wir haben aber (fast) immer die Wahl, wie wir auf Situationen reagieren, was wir denken und welche Bedeutung wir den Dingen geben.
Unsere Gedanken formen unsere Gefühle und diese wiederum beeinflussen wie wir unser Leben wahrnehmen. Wenn ich zum Beispiel sage: „Ich bin krank“, dann identifiziere ich mich völlig mit der Krankheit. Wenn ich sage „Ich habe eine Krankheit“ schaffe ich eine gewisse Distanz, ändere die Geschichte und habe wesentlich mehr Spielraum für Handlungen, Gedanken und Gefühle.
Für mich bedeute Lebensfreude auch alle Gefühle zu zu lassen – nicht nur die angenehmen. Auch Trauer, Wut oder Angst haben ihren Platz. Sie sind Teil unseres Erlebens und machen uns als Mensch vollständig. Wenn wir versuchen unangenehme Gefühle zu unterdrücken, schneiden wir uns eine Teil unserer Lebendigkeit ab. Alles gehört dazu und nur wenn wir das anerkennen, können wir wirklich lebendig und erfüllt leben.
Ein inspirierendes Beispiel dafür, wie man das Leben neu denken kann, bietet Dr. Martin Inderbitzin, Neurowissenschaftler und Cancer Survivor. Er zeigt, dass es möglich ist, das eigene Leben auch in schwierigen Zeiten positiv zu gestalten und neue Perspektiven zu entwickeln. Ich kann seine Beiträge nur wärmstens empfehlen.
ein kurze Exkurs zur Demenz
Ich habe bisher nur wenig direkte Erfahrungen mit Demenz, aber beim Schreiben kamen mir einige Gedanken dazu. Korrigiert mich gerne, wenn ich falsch liege.
Sollten wir im Alter an Demenz erkranken, fehlen uns wahrscheinlich die Kapazitäten unsere Gedanken, Gefühle und Lebensgeschichten umzuschreiben.
Interessant finde ich, dass sich Demenz bei Menschen so unterschiedlich zeigt: Einige werden vergesslich und kindlich, während andere aggressiv oder schwer zugänglich werden.
Ich glaube, dass die Art, wie wir jetzt mit unseren Gefühlen und unserer Vergangenheit umgehen, auch Einfluss darauf haben könnte, wie wir uns als Demenzkranke verhalten. Wenn wir es schaffen, unsere Geschichten zu hinterfragen und im Frieden mit unserer Vergangenheit zu sein, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass selbst wenn wir an Demenz erkranken sollten, griesgrämige oder aggressive alte Menschen werden.
Immer schön flexibel bleiben
Flexibilität war schon immer mein Credo, nicht nur als Yogalehrerin. Und das betrifft nicht nur den Körper, sondern auch den Geist. Für mich bedeutet Flexibilität im Alter, offen zu bleiben für Veränderungen und bereit zu sein, Gewohnheiten und Ansichten zu hinterfragen.
Zum Beispiel habe ich lange Zeit gedacht, ich müsse unbedingt Frühaufsteherin werden, um ein gesundes und ausgeglichenes Leben zu führen – wie es ganz Gesundheitsratgeber empfehlen. Aber ehrlich gesagt, ich bin keine Frühaufsteherin, und das muss ich auch nicht sein. Mittlerweile gönne ich mir den Luxus, auszuschlafen, wenn es möglich ist. Ich genieße die Ruhe am Morgen, trinke mein warmes Wasser und meditiere – wann immer es in meinen Tagesablauf passt. Diese Flexibilität hat mir viel Stress genommen und meine Lebensfreude gesteigert.
Ein weiteres Beispiel ist meine Liebe zum Tanzen. Leider habe ich aufgrund einer angeborenen Beinfehlstellung mittlerweile Probleme mit meinen Knien. Das schränkt mich natürlich ein, und ich kann nicht mehr alles so machen wie früher. Ich suche gerade sehr intensiv nach Lösungen, Bewegungen, die mir helfen, Ernährung die mich unterstützt und….ich versuche es anzunehmen.
Vielleicht kann ich irgendwann gar nicht mehr tanzen, so wie man es normalerweise kennt. Aber ich finde bestimmt einen Weg in einer anderen Weise durchs Leben zu tanzen. Es geht darum, sich anzupassen und nicht starr an alten Vorstellungen festzuhalten.
Flexibilität bedeutet für mich, im Einklang mit dem Leben zu bleiben, statt gegen Widerstände anzukämpfen. Es heißt, Veränderungen anzunehmen, offen für Neues zu sein und mit der Zeit zu gehen. Auf diese Weise möchte ich mein Älterwerden gestalten – beweglich im Kopf und im Herzen.
Fazit
Mein Fazit: Flexibel bleiben und sich anpassen, wie es gerade passt. Die Kontrolle über unser Leben haben wir sowieso nicht. Also fokussiere ich mich darauf, meine Lebensfreude zu erhalten und mein Leben in vollen Zügen zu genießen – mit all seinen Höhen und Tiefen.
Jedes Lebensalter und jede Situation hat seine Vor- und Nachteile. Wichtig ist, worauf wir unseren Fokus legen und welche Geschichten wir uns über unser Leben erzählen.
Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie du deine Geschichte umschreiben kannst und alle Gefühle annehmen integrieren kannst für mehr Lebensfreude und Lebendigkeit, melde dich gerne bei mir!
Liebe Dagmar,
herzlichen Dank für deinen wunderbaren Beitrag zu meiner Blogparade! Ich musste schmunzeln über die Anekdote deines Vaters, der sich mit 75 Jahren weigert, in die Reha zu gehen, weil dort „nur alte Menschen“ sind. Es zeigt so schön, wie relativ das Alter ist und dass er sich in seinem Herzen offenbar noch gar nicht alt fühlt.
Besonders berührt hat mich auch die Geschichte deiner Nachbarin – sie ist ein echtes Vorbild in Sachen Lebensfreude und Weisheit. Ihre Haltung ist inspirierend, und deine Beschreibung lässt sie als leuchtendes Beispiel erscheinen.
Deine Gedanken zum Thema Einsamkeit und Alleinsein haben mich ebenfalls sehr bewegt. Vor kurzem habe ich einen Artikel über Einsamkeit geschrieben und stimme dir vollkommen zu, dass Einsamkeit und Alleinsein nicht dasselbe sind. Es ist eine wertvolle Fähigkeit, Freude an der Zeit mit sich selbst zu finden, und deine Worte unterstreichen, wie wichtig es ist, dies zu kultivieren.
Ich teile deine Sehnsucht nach Wachstum nur zu gut – es gibt noch so viel zu entdecken, so viele Bücher, die ich lesen will, und so vieles, das ich noch lernen und ausprobieren möchte. Dein Beitrag ist eine wunderbare Erinnerung daran, diese Neugierde und den Hunger nach Wissen und Erfahrung niemals zu verlieren.
Von Herzen
Pia